Das Thema „Finanzrecht“ impliziert für die meisten Menschen die Attribute „kompliziert“, „trocken“ und „langweilig“. So kommt es, dass jährlich über 7 Millionen Kreditverträge geschlossen werden, ohne das sich Bankkunden übermäßig mit dem Kleingedruckten befassen.
Möchten Kreditnehmer ihr Darlehen einige Jahre später aufkündigen, kommt das böse Erwachen: Die Bank verlangt eine stattliche Summe Geld dafür! Darf die das? Sie darf: Das Recht der Bankinstitute auf sogenannte Vorfälligkeitszinsen ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert.
In diesem Artikel finden Sie alle Informationen rund um das Thema sowie Ratschläge zu möglichen Wegen, die Zahlung der Vorfälligkeitszinsen zu vermeiden.
Inhaltsverzeichnis
Die Vorfälligkeitszinsen: Wie hoch kann der Betrag werden?

Durch den Vertragsabschluss verpflichten sich die Bank und der Kreditnehmer gegenseitig zu gewissen Handlungen. Das Geldinstitut erklärt sich dazu bereit, eine bestimmte Summe zu verleihen und diese nicht vor einem ausgemachten Zeitpunkt zurückzuverlangen.
Der Kunde sagt hingegen zu, das geliehene Geld nach und nach zu erstatten und zusätzliche Zinsen zu zahlen.
Für die Bank ist die Verpflichtung ihres Vertragspartner ausgesprochen wichtig: Sie hat durch die Kreditvergabe nämlich selbst einige Ausgaben, welche sie durch die Zahlungen des Kunden deckt.
Hausbanken leihen sich den entsprechenden Betrag selbst aus, bevor sie ihn an Sie weiterleiten. Das Prinzip funktioniert wie beim Großhandel. Eine Zentralbank fungiert als Großhändler und verleiht das Geld an Einzelhändler (Verbraucherbanken) für einen relativ geringen „Einkaufspreis“ (Zinsen).
Die Hausbanken entleihen das Geld an die Endverbraucher. Um Gewinn zu machen, berechnen Sie einen Preisaufschlag.
Der Knackpunkt an diesem Prinzip ist, dass Ihre Bank selbst an einen Kreditvertrag gebunden ist und auch nach Ihrer Kündigung weitere Ausgaben decken muss.
Begeht der Kunde einen Vertragsbruch, in dem er den Vertrag vor Ablauf der ausgemachten Zeit beendet, steht der Bank ein Schadensersatz zu. Sie kann das zurückerhaltene Geld zwar erneut anlegen oder als Kredit vergeben – eine derartige Geldanlage verspricht jedoch weniger Einnahmen: Die aktuelle Marktlage legt sehr niedrige Zinsen fest. Die Kosten der Bank übersteigen auch dann noch ihre Gewinne.
Das Gesetz sieht je nach Art des Vertrages unterschiedliche Bestimmungen zur Berechnung der Vorfälligkeitszahlung vor.
Grundpfandrecht oder nicht?
Rechtlich gesehen gehören Darlehensverträge zwischen Verbrauchern und gewerblichen Vertragspartnern wie Banken als „Verbraucherkredit“.
Grundsätzlich ist die Höhe der Vorfälligkeitszahlung für diese Verträge gemäß § 502 des BGB begrenzt auf entweder:
1. 1 Prozent beziehungsweise, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung ein Jahr nicht übersteigt, 0,5 Prozent des vorzeitig zurückgezahlten Betrags,
2. den Betrag der Sollzinsen, den der Darlehensnehmer in dem Zeitraum zwischen der vorzeitigen und der vereinbarten Rückzahlung entrichtet hätte.“

Die günstigere der beiden Optionen greift.
Ist der Darlehensvertrag jedoch durch einen Grundpfand abgesichert – wie etwa bei der Baufinanzierung, gelten andere Regeln und die Deckelung fällt weg.
In diesem Fall ist die Vorfälligkeitsentschädigung schwieriger zu berechnen und kann mehrere tausend Euro betragen.
Die Vorfälligkeitszinsen setzen sich bei Immobilienkrediten aus dem entstandenen Schaden der Bank und deren erwarteten Gewinne zusammen – ganz ohne Beschränkung.
Vorfälligkeitsentschädigung oder -zinsen?
Im Prinzip bezeichnen beide Begriffe dasselbe. Je nach Formulierung liegt der Fokus auf einem bestimmten Aspekt der Vorfälligkeitszahlung.
Für Kreditinstitute stellt die Zahlung eine eindeutige Entschädigung für verlorene Gelder und Gewinne dar. In steuerrechtlichen Fragen hingegen, wird die Vorfälligkeitsentschädigung gegebenenfalls als Kosten eines Kredits vermerkt. In diesen Fällen nimmt sie denselben Status wie die Zinsen ein.
Wie hoch sind die Vorfälligkeitszinsen bei einem Hausverkauf?
Eine Baufinanzierung wird in der Regel über beträchtliche Summen abgeschlossen. Dementsprechend hoch sind die Zinszahlungen der Kreditnehmer und auch die Vorfälligkeitsentschädigung kann in unerwartete Höhen steigen.
Es gilt die Faustregel: Je länger die restliche Vertragslaufzeit und je stärker der Zinsverfall in den Jahren seit Vertragsschluss, desto teurer wird die Vorfälligkeitsentschädigung.
Es lohnt sich, einen Experten für Finanzrecht zur Hilfe zu nehmen. Die exakte Berechnung der Vorfälligkeitszahlung ist keine leichte Aufgabe – Laien vergessen schnell den einen oder anderen Aspekt. Auch Ihre Bank sollten Sie die Berechnung nicht überlassen: Oft verlangen Banken zu hohen Zahlungen, welche meist von einem Fachmann überprüft und nach unten angepasst werden können.
Vorfälligkeitszinsen umgehen: So können Sie Geld sparen

Der Gedanke, um die unliebsame Zahlung herum zu kommen, ist für Verbraucher verführerisch. Eine gute Chance dazu haben Kreditnehmer, deren Darlehensvertrag zwischen November 2002 und Juni 2010 geschlossen. In dieser Zeit unterliefen den Banken reihenhaft Fehler bei der Formulierung der Widerrufsbelehrungen.
Die glücklichen Besitzer dieser Verträge können das Darlehen noch Jahre später rückabwickeln.
Beim Widerruf darf die Bank keine Vorfälligkeitszahlung verlangen. Im Gegenteil: Sie muss bereits geleistete Zinszahlungen sogar an den Vertragspartner erstatten!
Alle anderen Kreditnehmer müssen jedoch in den sauren Apfel beißen und einen Schadensersatz zahlen.
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